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Herrschekloasche in Siegritz

nach "Frau Holle - Mythos, Märchen und Brauch in Thüringen" Verlag: Meininger Museen, 2010

Am zweiten Dienstag im Dezember um 18 Uhr ist es in Siegritz nicht so still, wie sonst. Holzklatschen knallen und Kuhglocken scheppern. Weißgekleidete Gestalten erscheinen, die Gesichter hinter Masken versteckt. Auf ihren Köpfen haben sie hohe Hüte aus geflochtenen Strohseilen. 

 

 

​Aus dem Thüringer Raum gibt es einige Berichte und aber auch aktive Umgangsbräuche, bei welchen Frau Holle andere weihnachtliche Gestalten begleitet. Meistens fungiert sie als Gefährtin des Nikolaus, der Herrschekloes oder Hans Rupprecht.

Laut Grimm soll es umgekehrt gewesen sein, dass Frau Holle selbst als Hauptperson auftrat und von den zuletzt genannten Gestalten assistiert wurde. Für eine solche Annahme würde vieles sprechen, im bekannten und überlieferten Brauchgeschehen jedoch fehlen ausreichende Belege.

Frau Holle und die Herrschekloasche

Der Umzug beginnt am oberen Dorfende. Mit lauten Gebrumme und Geklatsche und scheppern der Glocken, rennen die Herrschekloasche das ganze Dorf hinunter. Erst am unteren Ortsausgang beginnen sie die Häuser aufzusuchen.

Die Hollebönschele dagegen bleiben draußen und sorgen für kräftigen Krawall und lauern auf Neugierige und Vorwitzige, um diese zu schwärzen.

Es empfiehlt sich sein Heil in der Flucht zu suchen. Wäre denn Zeit genauer hinzuschauen, so sähe man, dass diese Wesen lange weiße Unterwäsche tragen und Mädchen der Kirmesgesellschaft dabei sind. Flucht empfiehlt sich deshalb, weil einige unverkleidete, aber in unauffälliges Schwarz gewandte Typen mit rußgeschwärzten Gesichtern dabei sind. Sie führen Federwische an langen Stangen mit sich, nass gemacht und in Ruß getaucht. Deshalb ist trotz Lärms niemand auf der Straße, niemand am Fenster, alles verrammelt und verriegelt. Und sie sind erbarmungslos, mindestens das Gesicht des Opfers wird geschwärzt. So wird die Straße freigehalten durch die Holleböschele d.h. durch einige jüngere Jugendgeweihte oder Konfirmierte. Ältere männliche, aber noch unverheiratete Mitglieder der Kirmesgesellschaft versehen als Herrschekloasche ihren Dienst.

D.h. sie gehen in die Häuser, wo Kinder wohnen und spielen Nikolaus, also befragen die Kinder, loben und tadeln und müssen gegebenenfalls auch mal strafen. Aber sonst machen sie alles anders als der freundliche und ruhige Nikolaus. Als Kind braucht schon starke Nerven, um dieses Lärmen und Gerucker auszuhalten. Wer böse war, kein Lied oder Gedicht aufsagen konnte, wird in den Sack gesteckt und mitgenommen. Die Mädchen verteilen anschließend Obst, Plätzchen und Süßigkeiten gegen den Schreck.

Fotos: C. Ostertag

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